Alphabet

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Einleitung

Tahano Hikamu (wörtlich die ‚runde Schrift‘) oder einfacher tahano ‚Schrift‘ ist die Schrift, in der Ayeri üblicherweise geschrieben wird. Diese Schrift ist sehr komplex – so sehr, dass es nach wie vor schwierig ist, sie mit dem Computer umzusetzen. Während ihrer Entwicklung haben einige Buchstaben ihre Form leicht verändert, doch wollen wir uns hier auf den zeitgenössischen Gebrauch und die generellen Regeln, die hinter der Schrift stehen, konzentrieren. Aus diesem Grund beschränken wir uns im Folgenden auf die Buchschrift. Eine weitere Schriftvariante mit stilisierteren Buchstaben (vorläufig ‚javanesk‘ genannt, richtiger hinyan ‚eckig‘) wird in diesem Blogartikel eingeführt und in dieser ergänzenden Broschüre überblicksweise dargestellt. Eine sehr detaillierte Beschreibung der Schrift befindet sich in Kapitel 2 der Ayeri-Grammatik (auf Englisch). Es ist außerdem eine Schriftart verfügbar, Tagāti Book G. Wie eine alltägliche Handschrift aussehen könnte, wird in diesem Blogartikel demonstriert.

Konsonanten

Tahano Hikamu funktioniert ähnlich wie die Schriften Indiens und anderer Teile Süd- und Südost-Asiens; es ist ein syllabisches Alphabet oder Abugida. Das heißt, dass Konsonanten als Basis oder Matritze für Vokale dienen, die ihrerseits als Diakritika geschrieben werden. Anders als in den semitischen Schriften, sind die Vokale hier obligatorisch zu schreiben, außer dem Vokal a, der nie geschrieben wird, wenn er direkt auf einen Konsonanten folgt, da er im Konsonanten sozusagen schon enthalten ist. Die Buchstaben selbst haben keine besonderen Namen, sondern werden einfach als pa, ba, ta, da etc. bezeichnet. Tahano Hikamu wird von links nach rechts geschrieben, die Zeilen verlaufen von oben nach unten, genau wie im lateinischen Alphabet auch.

Die folgende Darstellung gibt einen Überblick über die im Ayeri verwendeten Konsonantenzeichen, mit Angaben zur Aussprache in IPA:

pa
ta
ka
ba
da
ga
ma
na
ŋa
va
sa
ha
ra
la
ja
Ø (ʔa)

Der Platzhalter, oder ranyan, wird gebraucht, wenn keine konsonantische Basis für einen Vokal vorhanden ist. Dies ist zum Beispiel der Fall bei Vokalen am Wortanfang. Im Ayeri hat ranyan keinen eigenen Lautwert. In Sprachen mit einem Glottalverschluss kann es auch als Buchstabe dafür verwendet werden (Lautwert /ʔa/). Wenn ein na auf ein na folgt, ist zu beachten, dass das erste na leicht reduziert wird und mit dem zweiten eine Ligatur bildet:


nana-Ligatur

Für andere Sprachen, die auch für gewöhnlich in dieser Schrift geschrieben werden, wurden zusätzliche Zeichen entwickelt:

fa
wa
za
ʃa
ʒa
ça
xa
ɣa
t͡sa
k͡wa, k͡va
k͡sa

Die hier angegebenen Lautwerte sind die verbreitetsten; einzelne Sprachen können jedoch davon abweichen, falls dies zur besseren Anpassung an die jeweils eigenen Bedürfnisse erforderlich ist.

Vokale

Wie zuvor erwähnt, werden Vokale als Diakritika geschrieben. Diese können über oder unter einem Konsonanten auftreten und verändern die Aussprache der Silbe. Jeder Konsonant hat zwei Ankerstellen für Vokale: die erste befindet sich über dem Konsonanten, die zweite unter ihm. Da Vokale immer zum vorhergehenden Konsonanten gehören, wird das inhärente /a/ des Konsonanten durch den darüber geschriebenen Vokal ersetzt:


pa → pe

Die übergeschriebenen Vokaldiakritika sehen wie folgt aus:

i
e
(a)
o
u
au
ə

Da /a/ jedem Konsonantenzeichen inhärent ist, erscheint das a-Superskript fast ausschließlich zusammen mit dem ranyan am Wortanfang. Beachte, dass Ayeri selbst keinen Gebrauch von ə macht; es ist hier nur der Vollständigkeit halber aufgelistet. Das o-Superskript tritt auch als geschrieben auf.

Zwei aufeinander folgende Vokale treten im Englischen oder Deutschen nicht häufig auf, doch ist dies im Ayeri häufiger der Fall. Aus diesem Grund ist unter dem Konsonantenzeichen Platz für einen weiteren Vokal, wie oben erwähnt:


pa → pe → pea

Die erste Vokalstelle des Konsonanten pa im Beispiel oben wird schon für e verwendet, doch steht am Ende der Silbe immer noch ein /a/. Dieses würde – wenn es nicht unter dem Konsonanten stehen würde – von dem e geschluckt werden. Andere Vokale verhalten sich analog zum Beispiel oben.

Vokale werden folgendermaßen geschrieben, wenn sie unter Konsonantenzeichen stehen:

i
e
a
o
u
au
ə

Bei Konsonanten mit Oberlängen, wie ka, da, ça, ist zu beachten, dass Vokale zuerst unter ihnen stehen, selbst wenn die Silbe nur einen einzigen Vokal enthält, da die Kollision eines Vokals mit einer Oberlänge als unästhetisch angesehen wird, wenn auch teilweise notwendig. Der leere obere Platz wird in diesem Fall mit einem Punkt markiert:


ka → ke → kea

Für das o-Subskript ist auch folgende Schreibweise belegt: .

Diakritika

Tahano Hikamu hat eine Fülle von zusätzlichen Diakritika, die Vokale und Konsonanten modifizieren. Im folgenden ein Überblick über die untergeschriebenen Diakritika:

Graphem Definition
tupasati: langer Vokal
ringaya: Palatalisierung des Konsonanten
ya eyra: Konsonant + /ja/
ulangaya: Behauchung des Konsonanten
vināti: homorganischer Nasallaut oder Nasalisierung des Vokals
kusangisāti: geminierter Konsonant
gondaya: stummes inhärentes /a/
raypāya eyra: Vokal + /ʔ/ oder Glottalisierung

Einige dieser Diakritika – nämlich tupasati (‚Langmacher‘), ya eyra (‚unteres ya‘), ringaya (‚Anheber‘) und ulangaya (‚Haucher‘) – können unter bestimmten Umständen auch vor dem Konsonanten stehen: Dies ist der Fall

  1. bei Konsonanten ohne Abstrich rechts oder ohne Kreis, an den ein Diakritikum anknüpfen könnte:


    naː, ŋaː, vaː, waː

  2. bei Konsonanten, die na folgen:


    napaː

  3. wenn zwei unten anzufügende Diakritika aufeinander folgen:


    ta → ti → tiː → t͡ʃiː (*tjiː) → t͡ʃiːe (*tjiːe)

Wie im Beispiel (3) oben gezeigt, kann das Umordnen von Diakritika sehr komplexe Ergebnisse zur Folge haben, zumal Vokale und andere ‚kleine‘ Diakritika wie gondaya und vināti immer unter ‚großen‘ Diakritika wie tupasati, ya eyra etc. stehen bleiben. Im /t͡ʃiː/-Schritt in (3) wird tupasati vor den Konsonanten ta gezogen, damit das folgende ya eyra unter dem ta angefügt werden kann. Beachte außerdem, dass die Diakritika gondaya, vināti und kusangisāti typischerweise vor einem na stehen, statt darunter.

Diakritika, die vor einem Konsonanten angefügt werden, haben die folgende Form:

Graphem Definition
tupasati marin: Langvokal
lentankusang: Diphthong mit /ɪ/
tilamaya: systematisch veränderter Vokal (d.h. Umlaut)
ringaya marin: Palatalisierung des Konsonanten
ya marin: Konsonant + /ja/
hiyamaya: retroflexer Konsonant
ulangaya marin: Behauchung des Konsonanten

Beachte, dass es in der Tabelle oben kein Fehler ist, dass ringaya und ya marin dieselbe Form haben. Beachte außerdem, dass lentankusang, tilamaya und hiyamaya ausschließlich in dieser Position stehen können. Wenn Diakritika vor einem Konsonanten gestapelt werden, geschieht dies von rechts nach links, beginnend mit den den Konsonanten modifizierenden Diakritika, dann die den Vokal modifizierenden, wobei lentankusang (von rechts nach links) auf tupasati marin folgt:


na → nja → njaː → njaːɪ

Des Weiteren ist zu beachten, dass die Regel (2) oben aufgehoben ist, wenn na einem Konsonanten vorausgeht, der ein vorne angefügtes Diakritikum besitzt:


napjaː

Zu guter Letzt gibt es noch Diakritika, die oben an den Konsonanten angefügt werden. Die sich unten anfügenden Varianten werden bevorzugt, wenn ein analoges Diakritikum existiert, doch ist die Umordnung nach oben manchmal sinnvoll, zum Beispiel, im Fall von na, das aufgrund der Unterlänge keinen unteren Platz besitzt.

Graphem Definition
gondaya ling: stummes inhärentes /a/
kusangisāti ling: geminierter Konsonant
vināti ling: homorganischer Nasallaut oder Nasalisierung des Vokals
raypāya: Vokal + /ʔ/ oder Glottalisierung

Es ist außerdem möglich, dass gondaya am Ende eines Wortes nach einem Konsonanten steht: .

Zahlen

Ayeri verwendet ein duodezimales Stellenwertsystem, sodass es neben den Zahlzeichen für 0 bis 9 eigene Zahlzeichen für 10 (A) und 11 (B) gibt.

0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
A
B

Satzzeichen

Dies sind die gewöhnlich verwendeten Satzzeichen:

Graphem Definition
dan: Punkt
damprantan: Fragezeichen
or dambahān: Ausrufezeichen
puntān: Strich
danarān: Anführungsstriche
dandan: Abkürzungspunkt; Markierung von Klitika, Reduplikation etc.
dansinday: Dezimalpunkt

Zeichensetzung ist im Ayeri relativ komplex, wie aus der Tabelle oben deutlich wird. Beachte, dass anstelle eines Kommas ein breiter Wortabstand verwendet wird. Teilsätze werden normalerweise als eine Zeichenkette geschrieben, oder mit sehr wenig Platz zwischen den einzelnen Wörtern. Puntān, der Strich, hat die Funktion sowohl eines Striches als auch eines Doppelpunkts. Die beiden Formen von dambahān, dem Ausrufezeichen, sind gegenseitig auswechselbar, wobei aber die horizontale Variante am Ende eines Absatzes bevorzugt wird und auch für sehr kräftige Ausrufe. Dandan wird zum Abkürzen von Wörtern oder Silben benutzt, zeigt aber auch Klitika an:


bttn. (= batitasan, ‚Abkürzung‘); ada-savayam ‚zu dem Wagen dort‘

Das Zeichen für den Satzpunkt (dan) lässt sich teilweise auch als geschrieben finden, also als zwei übereinander geschriebene kleine Kreise.

Die folgenden Satzzeichen werden weniger häufig benutzt:

Graphem Definition
adrumaya: Zeilenumbruch
dankayvo: Klammern
dangaran: Namensklammern

Adrumaya zeigt ausdrücklich den Zeilenumbruch innerhalb eines Teilsatzes an. Das dankayvo-Paar funktioniert wie unsere Klammern. Da Tahano Hikamu Groß- und Kleinschreibung nicht unterscheidet, ist es manchmal wünschenswert, Namen eindeutig als solche zu kennzeichnen. Hierfür steht das dangaran-Paar zur Verfügung – im Grunde eine spezielle Art Klammer.

Abkürzungen

Graphem Definition
nay ‘und’
naynay ‘außerdem, auch, darüber hinaus’

Ein Beispiel

Dies ist eine Übersetzung des ersten Artikels der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen ins Ayeri in der Tahano-Hikamu-Schrift:

Der Text oben lässt sich buchstäblich wiedergeben als:

s vesyonx jkxenmx-xiknx tigneri jn jktyneri sino=

jn kmo. ri tojrtosx tenubnx jn xipxx jn xaŋx=

my rŋkyonx sitːynsx kxu-netu.

Und in normaler Romanisierung:

Sa vesayon keynam-ikan tiganeri nay kaytanyeri sino
nay kamo. Ri toraytos tenuban nay iprang, nay ang
mya rankyon sitanyās ku-netu.

Wie oben beschrieben, ist zu beachten, dass gewöhnlich nur wenig Platz zwischen den einzelnen Wörtern eines Satzes gelassen wird. Syntaktische Einschnitte, die im lateinischen Alphabet mit einem Komma angezeigt würden, werden mit einem breiten Wortabstand gekennzeichnet. Aufgrund der Größe der Diakritika und der Möglichkeit, sie übereinander zu stapeln, muss die Zeilenhöhe größer ausfallen als im lateinischen Schriftsatz.